Ugandabesuch Frühling 2022

Endlich wieder in Uganda

Der erste Ugandabesuch seit 2019 – mehrmals war eine Reise geplant und musste dann doch coronabedingt wieder verschoben werden. Im April hat es dann endlich geklappt. Tina und ich (Elli) konnten nach Uganda fliegen. Die Freude, unsere MitarbeiterInnnen, ihre Familien und die Menschen, mit denen wir arbeiten, wiederzusehen, war riesengroß. 

In den letzten drei Jahren hat sich in Uganda sehr viel verändert. Man merkt, dass viele Familien, die schon vor Corona Schwierigkeiten hatten, ihre Grundbedürfnisse zu decken, noch weiter in die Armut abgerutscht sind. Gleichzeitig haben die Menschen in den Städten mit guten Jobs in Regierung, Banken und internationalen Unternehmen auch während der Lockdownphasen weiterverdient, sind reicher geworden, haben sich Grundstücke am Land gekauft und darauf Wochenendhäuser errichtet. Da während der mehrmonatigen Lockdowns auch die öffentlichen Verkehrsmittel stillstanden, sind in den Dörfern neue Geschäfte entstanden und Fahrrad- und Mopedlieferdienste gegründet worden – für Lebensmittel, Restaurantessen, Toilettartikel uvw. – allesamt neue Entwicklungen, die wir als Nurturing Uganda sehr genau beobachten, damit wir sicherstellen, dass unsere Projekte auch wirklich die Menschen erreichen, die am dringendsten unsere Hilfe brauchen.

Inmitten aller Herausforderungen, die wir in den letzten 3 Jahren erlebt haben, war es eine große Freude zu sehen, wie engagiert und mutig unsere lokalen MitarbeiterInnen während der Pandemie agiert haben und wie gut sie es geschafft haben, alle unsere Programme am Laufenden zu halten, die notwendigen Anpassungen vorzunehmen und immer offene Augen für die größten Nöte der Menschen zu haben.

Neben vielen Meetings – mit den lokalen MitarbeiterInnen, dem Leitungsteam vor Ort, unserem Vorstand, offiziellen Stellen, Patenkindereltern usw. – stand natürlich im Vordergrund, unsere vielfältigen Projekte zu besuchen. 

Für unsere Patenkinder hat nach zwei Jahren Schulschließung im Jänner wieder der Alltag begonnen und die LehrerInnen versuchen, die verlorene Zeit mit extra vielen Unterrichtseinheiten wettzumachen – keine einfache Situation weder für die Schulen noch für die Kinder. Unsere Sozialarbeiterin Juliannah versucht gemeinsam mit einigen engagierten Eltern und Freiwilligen die Kinder so oft wie möglich in den Schulen und zu Hause zu besuchen und sie in dieser herausfordernden Zeit zu unterstützen.

Ein Highlight aus dem Patenkinderprogramm war die Veranstaltung der mittlerweile legendär gewordenen Patenkinderparty. Die Freude und Ausgelassenheit des Tages lassen sich nur schwer in Worte fassen und auch für mich ist die Kids-Party immer wieder eines der Highlights meiner Besuche in Uganda. Zu sehen, wie sich die Patenkinder von Jahr zu Jahr entwickeln, wie sie das Selbstbewusstsein haben, sich mit Mikrofon vor 150 Menschen zu stellen und aus ihrem Leben zu erzählen aber auch, wie sie ausgelassen feiern und wie ihre Augen strahlen, wenn sie Nachrichten von ihren Paten und Patinnen aus Österreich bekommen, ist einfach unglaublich schön. Am allermeisten freut es mich aber, dass zu dieser Party auch immer viele ehemalige Patenkinder kommen. Sie stehen mittlerweile im Arbeitsleben, manche haben schon Familien (ein schräges Gefühl, da ich mich noch so gut an sie als Kinder und Jugendliche erinnern kann) und viele von ihnen sind in der Lage, ihre Eltern und kleinen Geschwister zu unterstützen. Zu hören, was aus ihnen geworden ist, ist eine riesige Freude, sie sind der lebende Beweis dafür, dass sich unsere Arbeit auszahlt und große Früchte trägt.

Tina hat auch einige potentielle neue Patenkinder besucht und ihr Leben dokumentiert und war sehr bewegt davon: „Besonders berührt hat mich die Geschichte der 4-jährigen Slivia und ihrer Familie. Seit der Vater vor einiger Zeit nierenkrank geworden ist, fehlt der Familie jegliches Einkommen. Mutter Sarah versucht mit Tagesjobs ihre 9 Kinder und ihren Mann über Wasser zu halten. Das Geld ist so knapp, dass sie oft nur ein Mal am Tag etwas essen können – wenn überhaupt. Fünf der Kinder können nicht zu Schule gehen, da sich die Familie die Schulgebühren einfach nicht leisten können. Als ich dann auch noch ihre Wohnsituation gesehen habe, ist mir komplett das Herz zerrissen. Beim Rausgehen hab ich dann noch etwas bemerkt, das mich nicht mehr los lässt: ein Kochtopf voll mit einem ganzen Rindermaul und ein paar Beine mit Hufen.  Juliannah hat mir später erklärt, dass sie das essen, da sie nichts anderes haben.“ Wir sind nach wie vor auf der Suche nach Paten und Patinnen für Kinder wie Slivia und wenn ihr jemanden kennt, der daran Interesse haben könnte, freuen wir uns über Weiterempfehlung.

Wir haben auch einige Frauen aus unserem Women Empowerment Programm besucht. Für die Frauen war die Coronazeit besonders schwierig. Viele von ihnen hatten gerade ihre Geschäfte durch harte Arbeit so stabilisiert, dass sie gut davon leben konnten. Die vielen Lockdown-Monate haben diese Mühen zunichte gemacht und viele der Frauen mussten danach wieder bei null beginnen. Oft kommen noch zusätzliche Schicksalsschläge dazu, wie es z.B. bei Miriam der Fall ist. Eigentlich ist Miriams Reisanbau Business richtig gut gelaufen und sie hatte bereits begonnen ihren Mikrokredit bei uns zurückzuzahlen. Doch dann wurde ihr Haus vom Hochwasser des Lake Victoria zur Gänze weggespült und ein paar Wochen später verstarb ihre Schwester. Miriam muss sich jetzt zusätzlich zu ihren eigenen 6 Kindern nun auch um die 5 Waisen kümmern – und trotzdem gibt sie nicht auf. Es war sehr beeindruckend zu sehen, mit welch starkem Willen und mit wie viel Elan die Frauen den Wiederaufbau angehen und wie sie sich trotz großer Schwierigkeiten nicht unterkriegen lassen. Wir versuchen ihnen mit Trainings und Folgekrediten unter die Arme zu greifen und sind gerade dabei, den Ansatz unseres Frauenprogramms dahingehend anzupassen, dass den steigenden Anforderungen begegnet werden kann. 

Ein Highlight war natürlich auch der Besuch unserer Schule in Bugiri – genau rechtzeitig am Zeugnistag des ersten Trimesters. Nachdem es für viele Kinder der erste Zeugnistag seit November 2019 (und für viele kleinere Kinder überhaupt der erste ihres Lebens) war, war die Aufregung natürlich groß. Sogar der Schulchor hat zur Feier des Tages ein kleines Konzert aufgeführt. Gemeinsam mit Eltern und LehrerInnen haben wir über die Herausforderungen des Wiedereinstiegs in den Schulbetrieb gesprochen. Von allen Seiten ist die Rückmeldung gekommen, dass die Betreuung der Kinder mit Lernpaketen während der letzten 2 Jahre ohne richtigen Schulbetrieb extrem hilfreich war. Dennoch sind wir jetzt im ersten Semester auf viele Schwierigkeiten gestoßen, die es in den kommenden Monaten zu meistern gilt. Bugiri ist auf jeden Fall eines der Dörfer, deren BewohnerInnen durch Corona noch weiter in die Armut abgerutscht sind. Tina hat das Leben einiger Familien dokumentiert, z.B. von Evelyne, 31. Gemeinsam mit ihren 6 Kindern bewohnt sie eine Lehmhütte, die gerade so ausreichend Platz zum Schlafen bietet – für mehr reicht es hinten und vorne nicht. Seit ihr Mann an Krebs gestorben ist und die einzige Anbaufläche zuvor für die Therapie verkauft werden musste, gibt es keine Grundlage für regelmäßiges Einkommen mehr. Mit Tagelöhnen schafft sie es als Feldarbeiterin ihre Familie über Wasser zu halten – für mehr als eine Mahlzeit täglich, reicht es jedoch nicht. Ihr sehnlichster Wunsch: Ein besseres Leben für die Kinder, als das eigene. Gerade deswegen war es so schön zu sehen, mit wie viel Motivation und Elan die LehrerInnen täglich diesen Herausforderungen begegnen.

Sehr aufregend war es auch, die neugebauten Lehrerunterkünfte in echt und nicht nur auf Bildern zu sehen. Alle LehrerInnen, die darin wohnen, haben erzählt, wie sehr sich ihr Alltag dadurch erleichtert hat.

Einer der Hauptpunkte unseres Besuchs war außerdem der Baustart unseres Community Centers. Der Plan, mit dem neuen Gebäude einen Raum zu bieten, in den die Dorfbevölkerung mit ihren Fragen und Anliegen kommen kann und in dem laufend Workshops und Fortbildungen stattfinden steht schon länger. Coronabedingt hat sich der Baubeginn um 2 Jahre verzögert. Heuer im Jänner war es dann so weit. Bei unserem Besuch wurde gerade alles vermessen und das Fundament betoniert und kurz vor unserem Abflug konnten wir gemeinsam den ersten Ziegelstein legen. Dieser Bau ist unser bisher größtes Projekt und fordert uns auf viele verschiedene Arten sehr heraus, doch die Wirkung, die wir damit erzielen lässt uns immer wieder erkennen, wie sinnvoll dieser Schritt ist. Wir sind nach wie vor auf der Suche nach finanzieller Unterstützung für die Fertigstellung des Baus und haben uns dafür etwas Besonderes überlegt – und zwar werden wir auf einer Gebäudeseite Ziegel mit den Namen unserer Unterstützer einbauen. Nähere Infos dazu unter: https://nurturing-uganda.at/community-center/

Die 3 Wochen sind viel zu schnell vergangen und wir sind mit sehr, sehr vielen Eindrücken und Ideen für die kommenden Monate zurückgekommen. Momentan sind wir dabei, alles aufzuarbeiten und mit dem Team in Uganda daran zu beginnen, die neuen Ideen umzusetzen, um den Menschen in Uganda eine Grundlage zu ermöglichen, auf der sie ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben aufbauen können.

Herzlichen Dank für eure treue Unterstützung! Ohne euch wäre unsere Arbeit in dieser Form nicht möglich!

Fotocredits: Tina Götz